5. Ostersonntag - 28.04.2024 - "Ich bin der Weinstock..."
Predigt am 5. Oster-Sonntag 2024 – 04 – 28 im Lesejahr B
In meiner Predigt bleibe ich ganz bei den zwei Bibelstellen, die wir gerade gehört haben:
1.
„Meine Kinder, wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit.“
Das Tun ist die Nagelprobe für den Glauben. Im Leben, im Alltag zeigt es sich, ob unser Christ sein zu etwas taugt oder nicht.
Seht, wie sie einander lieben – so wurden die ersten Christen wahrgenommen. Deswegen wurden sie so geschätzt und fanden rasch Zulauf. Aufs Tun kommt es an auch am Ende der Tage und am Ende der Zeit – denken wir an die Rede Christi vom Weltgericht. Über unser Heil und Unheil entscheidet das Tun, entscheidet der gelebte und praktizierte Glaube. Beim Gericht entscheidet, was wir den Geringsten getan haben oder eben nicht getan haben.
Wir sollen nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit. Das lässt mich auch an zwei viel zitierte Sätze denken: An Bischof Gaillot, der gesagt hat: „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts!“ Deswegen gibt es die berühmten vier Grundfunktionen der Kirche und jeder Pfarre: Es gibt uns, damit Gemeinschaft gelebt und erlebt werden kann. Damit der Gottesdienst und die Sakramente gefeiert werden. Damit das Evangelium, das Wort des Lebens verkündet und bezeugt wird. Und es gibt Kirche, Pfarren und kirchliche Gruppen, damit Solidarität gelebt und für Notleidende gesorgt wird! „Eine Kirche, die nicht in diesem Sinn dient, dient zu nichts!“
Der zweite oft erwähnte Satz stammt von Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes – außer man tut es!“ Liebe ist konkret – die Gottesliebe, genauso wie die Nächstenliebe. Lieben zeigt sich nicht bloß in schönen Worten. Die sind auch wichtig. Aber Lieben ist eine Haltung. Lieben ist ein Tun. Lieben ist sehr oft ein Zurücklieben, ein Antwortgeben auf geschenkte Liebe. Beim Lieben sind wir ja meistens die Zweiten - Gott und lieben Menschen sei Dank dafür!
2.
Ein zweiter Satz aus der Lesung lautet: Gott ist größer als unser Herz!
1981 hat der Theologe Brantschen ein wunderbares Büchlein im Herderverlag herausgegeben, das immer und immer wieder neu aufgelegt worden ist: Gott ist größer als unser Herz. Auf den Spuren seiner Zärtlichkeit. Gegenwärtig ist es Papst Franziskus, der oft und gerne davon spricht, wie wunderbar Gott ist, wie zärtlich er mit seinen Geschöpfen umgeht… Bischof Hermann Glettler hat 2022 im Herder-Verlag ein Buch herausgebracht mit dem Titel: Dein Herz ist gefragt. Spirituelle Orientierung in nervöser Zeit.
Wir sehen: Herz ist Trumpf! Immer und überall und nicht nur beim Kartenspiel…
Gott aber ist größer als unser Herz – das ist ein herausfordernder Satz: Es geht darum, Gott zuzutrauen, dass er tatsächlich Gott ist, dass für ihn nichts unmöglich ist.
Unser Herz ist schon etwas Großartiges und Wunderbares. Aber unser Herz kann auch kleinlich und ängstlich sein, rasch im Verurteilen. Es tut sich oft schwer zu vergessen und zu verzeihen. Da sind wir dann in Gefahr, zu klein von uns und von Gott zu denken. Gott aber ist viel, viel größer als unser Herz! Bischof Johann Weber hat gerne das Stoßgebet gesprochen: „Herr, gib, dass ich nicht zu klein von mir denke!“ Wir dürfen dieses Stoßgebet auch auf Gott und auf unsere Nächsten beziehen. Dann sollten wir so beten: Herr, gib, dass ich nicht zu klein von dir denke. Gib aber auch, dass ich nicht zu klein von mir denke. Gib, dass ich von keinem Menschen zu klein denke! Gott, du bist größer! Du bist immer der Größere und ganz Andere. Du bist auch größer als unser Herz!
3.
Ich möchte drittens und abschließend beim Evangelium Einkehr halten und verweilen:
Die Rede Jesu vom Weinstock, vom Winzer und den Reben greift ja ein altes biblisches Motiv auf. Mit diesem Bild wird schon im AT die Beziehung zwischen Gott und dem Gottesvolk Israel beschrieben. Gott ist der Winzer. Und wir wissen, dass das Winzersein ein Fulltime-Job ist. Winzer sein ist so ähnlich wie Vater sein oder wie Muter sein – da gibt es immer was zu tun, da gilt es immer da zu sein, nicht bloß dann, wenn es etwas zu ernten gibt…
Für unseren geistlichen Weg ist es hilfreich zu bedenken, was Gott alles für uns tut! Welche Arbeit und Mühe er um uns und für uns auf sich nimmt. Wie er uns gerade auch durch sein Fordern fördert…
Das Fordern Gottes - dieses biblische Beschnitten werden - kann echt weh tun… Es dient aber unserem Wachsen und Reifen. Es dient dazu, dass wir Frucht bringen, dass wir mehr Frucht bringen…
Wir sollten nicht allzu überrascht sein, dass Gottes Hände auch fordernde Hände sind, Hände, die reinigen und beschneiden, damit etwas Gutes aus uns und durch uns wird – damit aus uns ein guter Wein wird, ein guter Jahrgang, und nicht bloß saure Trauben!
Wir sind in Gottes Hand. Wir sind in seinen guten Händen - aber auch in Händen, die uns durch Fordern fördern wollen. So möge es sein. Amen.
Pfarrer Edi Muhrer