21. Sonntag B - 25.08.2024 - BROT.ZEIT
Predigt am 21. Sonntag im Jahreskreis B 2024-08-25/BROT
Wir haben wieder Brot.Zeit. Meine Predigt umkreist dreimal das Thema BROT - geschichtlich, literarisch und spirituell.
- Zuerst einmal zur Geschichte vom Brot:
Brot und Menschheit gehören seit Jahrtausenden zusammen. Brot gilt als das älteste kultivierte Nahrungsmittel. Der Anbau von Getreide ist seit 11.000 Jahren belegt. Das erste Brot, das unserem heutigen gleicht, ist in Ägypten gebacken worden. Es hat den Menschen am Nil auch einen Spitznamen eingetragen: „die Brotesser“. Sie haben schon so etwas wie Bäckereien errichtet und das System der Backöfen ständig weiterentwickelt. Über 30 Brotsorten waren im alten Ägypten bereits bekannt. Heute gilt übrigens Deutschland als das Land mit den meisten Brotvarianten – inzwischen sind es über 300!
Bei den Sumerern im Zweistromland galt das Korn als „ein Lebewesen mit Seele“. Sie glaubten - wie viele Völker später - dass sich auch die Götter vom Getreide ernähren. Deswegen wurde in vielen Kulturen das erste Brot den Gottheiten geopfert. In Ägypten wurde den Toten Brot als Nahrung fürs Jenseits mitgegeben. In Europa war es lange Brauch, das erste Brot aus dem neuen Getreide nicht selbst zu essen, sondern einem Pilger oder der nächstbesten Person zu geben, die gerade vorbeikommt. Man konnte ja nie wissen, ob diese Person nicht von Gott gesandt oder gar Gott selbst ist, der im Fremden anklopft.
Brot ist zum Sinnbild für das Leben geworden. Es begleitet uns von der Geburt bis zum Tod! Denken wir nur an Jesu Geburt in Bethlehem – Bethlehem heißt „Haus des Brotes“. Denken wir an die Darstellungen vom Tod als „Schnitter“ - als der also, der das Getreide und alles andere um mäht und ein bringt…
- Als zweites eine Geschichte zum Thema Brot:
Ein Doktor stirbt und seine Kinder lösen den Haushalt auf. Die Mutter ist schon früher gestorben. Zuletzt hat der Vater von einer betagten Haushälterin betreut allein gelebt.
Im Arbeitszimmer finden die Kinder in einem Schrank einen steinharten, völlig ausgetrockneten halben Brotlaib.
Die Haushälterin kennt seine Geschichte:
Es war bald nach dem Krieg. Der Arzt war damals todkrank. Da schickte ihm ein Freund den halben Laib Brot, damit er etwas zu essen habe. Der Mediziner dachte aber an ein viel jüngeres Mädchen in der Nachbarschaft, dem er das Brot schickte. Die Nachbarsfamilie wiederum wollte das kostbare Brot nicht für sich behalten. Sie gab es weiter an eine Witwe oben in einer kleinen Dachkammer des Hauses. Diese brachte das Brot zu ihrer Tochter, die zwei kleine hungrige Kinder hatte. Der wiederum ist der Arzt eingefallen, der todkrank darniederlag. Sie erinnerte sich daran, dass er ihrem Kind das Leben gerettet und kein Geld dafür genommen hatte. Das war nun die Gelegenheit, sich bei ihm zu bedanken. So ließ sie das Brot zu ihm bringen…
„Wir haben das Brot sofort wiedererkannt“, sagt die Haushälterin. „Unter dem Brot klebte noch immer das kleine Papierstückchen!“
Als der Mediziner das Brot in seiner Hand hielt, sagte er: „Solange noch Menschen unter uns leben, die so handeln, müssen wir uns um unsere Zukunft nicht sorgen. Dieses Brot hat viele satt gemacht, obwohl niemand davon gegessen hat. Dieses Brot ist heilig! Es gehört Gott!“
Und so legte er es in den Schrank. Er hat immer wieder einmal einen Blick darauf geworfen, wenn er nicht mehr weiterwusste oder wenn alles hoffnungslos schien. Es war für ihn das Brot der Hoffnung!
- Zuletzt ein paar Gedanken aus unserer christlichen Spiritualität zum Brot der Eucharistie, zum Leib Christi:
Jesus hat das Brot in ganz besonderer Weise geadelt:
Denken wir daran, dass er im Brot.Haus geboren wurde – in Bethlehem.
Denken wir an die Wunder der Brotvermehrung.
Denken wir an das Letzte Abendmahl, wo er Brot nimmt und sagt: Das bin ich!
Denken wir an das 6. Kapitel im Johannes-Evangelium: Wer mich isst, wird ewig leben. Ich bin das lebendige Brot!
Denken wir an sein Sterben, das Jesus mit dem Schicksal des Weizenkornes deutet…
Dieses Denken haben gläubige Christen zu allen Zeiten regelrecht in sich aufgesogen. Aus der Zeit der frühen Kirche denke ich da konkret an den hl. Ignatius von Antiochien. Er sagt - den sicheren Tod vor Augen: „Lasst es geschehen, dass ich den wilden Tieren zum Fraß diene. Durch sie wird es mir vergönnt sein, zu Gott zu gelangen. Ich bin ein Weizenkorn Gottes. Ich muss von den Zähnen der wilden Tiere zermahlen werden, um ein reines Brot Christi zu werden… Gönnt es mir, die Leiden meines Gottes nachzuahmen!“
Im Mittelalter hat vor ca. 600 Jahren Thomas von Kempen „Die Nachfolge Christi“ geschrieben. Dort lesen wir: „In der Schatzkammer der Kirche Gottes sind zwei Tische aufgerichtet…. Ohne diese zwei könnte ich nicht leben; denn das Wort Gottes ist das Licht und dein Sakrament ist das Lebensbrot für meine Seele.“
Aus der Gegenwart habe ich letzten Sonntag Josef Fink zitiert und sein Bild „das gekreuzigte Brot“ gezeigt. Wir haben an den vergangenen Sonntagen immer wieder Kommunion-Meditationen zum Thema „Brot“ gehört. Heute wird es eine von Sr. Silja Walter sein.
In der Predigt überlasse ich P. Andreas Knapp das Schlusswort. In seinem Buch „Vom Segen der Zerbrechlichkeit“ (Echter-Verlag, 2018) weist er darauf hin, dass Brotbrechen der älteste Name für die Eucharistie ist. Die Jünger erkannten den Auferstandenen, als er das Brot mit ihnen brach. Dazu nun P. Andreas Knapp:
eucharistie
viel zu zerbrechlich
für diese harte welt
du wolltest
dein letztes stück brot teilen
und auf gastfreundschaft anstoßen
doch die tischgenossen verkrümmeln sich
und dein becher zersplittert
als unauslöschliche
erinnerung bleiben
rotweinflecken (Seite 93)
…
du brichst das brot nicht
mit deinen händen
selbstbewusst und willenstark
um gönnerisch auszuteilen
das brot zerbricht dir
unter deinen händen
ohnmächtig musst du es geschehen
und dich selbst wandeln lassen (Seite 121)
Eucharistie - das ist Brot.Zeit, Brot brechen, Brot zerbrechen, Brot teilen und Brot empfangen. Amen.
Pfarrer Edi Muhrer