26. Sonntag B - 29.09.2024 - Michaelisonntag
Predigt am 26. Sonntag im Jahreskreis B 2024-09-29/Michaelimesse mit dem ÖKB am Sonntag der Völker/Musik: Maipfeierl
1.
Zu allererst möchte ich heute vom TEILEN sprechen. Damit beziehe ich mich auf die Lesung und das Evangelium dieses Sonntags:
Eine wunderbare Szene aus der Geschichte des Heiligen Volkes: In Num 11 hören wir vom Wunder des Teilens. Gott selbst teilt aus. Gott selbst teilt auf. Er nimmt etwas vom Geist des Mose und gibt den Geist weiter auf die 70 Ältesten. Weil das Geist-Teilen so schön ist, kommt dieser Geist auch noch auf zwei, die gar nicht dabei sind. Sie haben die Versammlung des Volkes geschwänzt - trotzdem sind auch sie Erwählte und entzückt vom Geist.
Das geht doch nicht, das darf doch nicht sein, oder? - Doch, das darf sein. Das soll so sein. Gott sei Dank! Mose weist daher den Protest eines jungen eifernden Mannes zurück: Ach, wenn doch alle zu Propheten würden, wenn doch alle Geistliche würden! Wenn nur der Herr seinen Geist auf sie alle legte! Herrlich, diese Gelassenheit. Herrlich, diese Reaktion des Mose. Pfingsten lässt schon freundlich grüßen!
Im Evangelium ist es auch der Jüngste, der zum Eiferer wird. Johannes kann sich einfach nicht damit anfreunden, dass jemand in Jesu Namen Gutes tut, ohne zu Jesu Jünger-Kreis zu gehören.
Wie Mose in der Lesung, so reagiert Jesus im Evangelium ganz souverän: Hindert ihn nicht! Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns! Das Gute ist dazu da, geteilt zu werden, mitgeteilt zu werden. Gut, wenn das Teilen auf viele Schultern aufgeteilt ist. So kann das Gute seine Kreise ziehen. So kann Teilen seine Kreise ziehen – wie ein Stein, der ins Wasser fällt…
Teilen ist ein Win-Win-Spiel. Das Wunder des Teilens - es gibt keine Verlierer. Alle gewinnen!
2.
Nach dem Teilen möchte ich von den TEILEN sprechen: Der Grund ist die heutige Wahl zum Nationalrat. Gewählt wird der neue Nationalrat mit seinen 183 Abgeordneten bekanntlich über Parteien. Es ist ein Segen, dass es Parteien gibt. Mir gefällt das Wort Partei eigentlich ganz gut. Es kommt vom Lateinischen pars und bedeutet Teil. Das ist zugleich ein Bekenntnis und eine Botschaft: Wir sind Partei – nicht mehr und nicht weniger. D. h.: Wir sind nur ein Teil. Wir sind nicht ganz. Wir sind nicht alle und schon gar nicht vollkommen. Nobody is perfect, erst recht keine Partei! Gott sei Dank, dass wir in Österreich kein Ein-Partei-System haben. Das wäre gefährlich. Gefährliche Erinnerungen kommen da in unserem Land gleich hoch. In viel zu vielen Staaten ist das leider heute noch traurige Gegenwart. Darum ist es gut und wichtig, dass wir heute von unserem Recht zu wählen Gebrauch machen!
Mögen die Teile, mögen die Parteien sich dann so zusammenfinden, dass wir wieder alle drei im Land haben: eine handlungsfähige Regierung, eine wachsame Opposition und einen Nationalrat zur Kontrolle der Regierung und der Politik im Land!
Über allen Parteien und Parteiungen hinweg steht ein gemeinsamer Auftrag: die Sorge für unser Land, für die Zukunft unseres Kontinents und für unseren aktuell so bedrohten blauen Planeten. Wir haben nur diese eine Erde. Es gibt keinen Plan B – weder in Österreich, noch sonst wo auf dem Planeten oder im Weltall!
3.
Darum mein dritter Impuls: ALLLE - Es geht um alle! Wir spüren das bei Mose. Wir sehen das bei Jesus. Ihre Sorge gilt allen.
Gegenwärtig ist es wohl P. Franziskus, der am öftesten, am meisten und am eindringlichsten davon spricht: Tutti – Alle! Er reagiert ja höchst unfreundlich, ja geradezu allergisch auf alles in der Kirche, was Gruppe oder Grüppchen ist und einfach nur unter sich bleiben möchte!
Bei den Priestertagen in Seggauberg haben wir u. a. ein kurzes Video über das Jugendtreffen in Lissabon 2023 gesehen. Da appelliert unser Pontifex an die Jugendlichen, dass Kirche für alle da ist, das Kirche für alle Sorge tragen muss. Beeindruckend wie er es dann auf Portugiesisch den jungen Leuten gesagt hat: Todos! Todos! Todos! Und die Jugendlichen mussten es laut und mehrfach wiederholen: Todos! Todos! Todos! Alle, Tutti!
Die Kirche ist dazu da, dass niemand allein sein muss. Wir sind dazu da, dass in unserer Pfarre Feldkirchen niemand allein sein muss. Gerne verwendet Papst Franziskus inzwischen für die Kirche das Wort „solidarische Karawane“. Es ist für mich ein gutes und passendes Bild, das unser Pontifex da für die Kirche geprägt hat: Solidarische Karawane!
Tanken wir hier und jetzt auf in unserer Karawanserei. Aber lasst uns nicht unter uns bleiben. Lasst uns Gehende bleiben – Gehende zu allen und Gehende mit allen! Amen.
Pfarrer Edi Muhrer