Gräbersegnung und Andacht am Friedhof - 01.11.2024
Ansprache auf den beiden Friedhöfen in Feldkirchen zu Allerheiligen 2024
Was haben eine Oper von Puccini, das Tattoo auf der Brust eines Feldkirchners und das heute veröffentlichte neue Lied von Reinhard Fendrich gemeinsam? Richtig. Die Lesung hat uns schon auf die Spur gebracht. Sie alle sprechen von HOFFNUNG. Sie alle sind ein Appell; die Hoffnung nur ja nicht sinken zu lassen. Sie ist auch ein Markenzeichen unseres christlichen Glaubens. Aber schön eines nach dem anderen:
1.
In Puccinis Oper stellt die Prinzessin Turandot drei Fragen. Drei Rätsel müssen ihre Verehrer lösen. Wer sie löst, den heiratet sie. Wer scheitert, muss sterben. Ich beziehe mich nur auf das erste Rätsel. Dazu heißt es wörtlich in der Oper: „In der finsteren Nacht fliegt ein Frieden stiftendes Gespenst. Es steigt und hebt die Flügel über der schwarzen unendlichen Menschheit. Die ganze Welt ruft es an und die ganze Welt fleht es an. Aber das Gespenst verschwindet mit der Morgenröte, um im Herzen neu geboren zu werden. Und jede Nacht wird es geboren und an jedem Tag stirbt es!“ Wer ist das? Worum geht es hier? Richtige Antwort: Es ist die Hoffnung. Es ist die Sehnsucht des Menschen nach Hoffnung. Aber diese Sehnsucht der Nacht ist für Puccini wie ein Gespenst. Es verfliegt, wenn der Tag kommt, es verschwindet so wie die Nacht beim Aufgehen der Sonne schwindet… Für gläubige Menschen und Christen ist die Hoffnung freilich viel, viel mehr: Die christliche Hoffnung ist kein Gespenst, das kommt und geht. Die christliche Hoffnung täuscht nicht und niemanden. Sie ist ein Geschenk Gottes. Gott aber ist treu. Darauf bauen wir. Das gibt uns Halt. Das lässt uns hoffen - auch wenn dieses Hoffen oft ein „hoffen trotzdem“ ist, ein „dennoch hoffen“. Der Anker ist das stimmige Zeichen für die Hoffnung geworden, so wie das Kreuz für den Glauben steht und das Herz für die Liebe.
2.
Kommen wir zum zweiten – zum Tattoo eines Feldkirchners. Er hat sich ein großartiges Wort des Dichters Cicero auf die Brust tätowieren lassen. Ein Wort, das für so manche in den vergangenen zweitausend Jahren so etwas wie ein Leitspruch fürs Leben geworden ist: Dum spiro spero! Solange ich atme, hoffe ich! Ein herrliches Lebens- und Überlebens-Motto. Ein großartiges Hoffnungswort für gute und für schlechte Zeiten. Ein Wort der Ermutigung, das Kraft gibt zu kämpfen. Ein Wort, das Sinn macht und Sinn stiftet. Ernst Bloch hat vom „Prinzip Hoffnung“ gesprochen. Der Volksmund sagt: „Die Hoffnung stirbt zuletzt!“
3.
Damit bin ich schon beim dritten, bei Reinhard Fendrich. Der bald 70jährige veröffentlich heute sein neues Lied mit dem Titel: „Wir sind am Leben!“ Fendrich möchte damit ein Statement geben, ein Plädoyer für Hoffnung und Zuversicht. Dazu sagt die Austro-Pop-Legende wörtlich: „Es heißt ja immer ‚die Hoffnung stirbt zuletzt‘. Dabei müsste es doch heißen: ‚Die Hoffnung darf nie sterben! Ich würde mir wünschen, dass mein neues Lied denjenigen, die es hören, ein Gefühl dieser Hoffnung gibt!“ Schön, wie er das sagt, der Fendrich – und sein Wort in Gottes und unser aller Ohr: WIR SIND AM LEBEN – Gott sei Dank, wir alle hier und erst recht die Verstorbenen. Der Tod ist bekanntlich das Tor zum Leben. Die Verstorbenen haben uns diesen Schritt voraus. Sie sind schon durch die Tür gegangen – von diesem begrenzten irdischen Leben zu den Freuden des ewigen Lebens. Das sagt uns unser Glaube. Das ist unser Anker, unsere Hoffnung, die nicht sterben darf. Davon weiß unser Herz und die Liebe spürt es ganz einfach. Wir sind alle am Leben – Gott sei Dank. Amen.
Pfarrer Edi Muhrer