Neujahr 2025 - Hochfest der Gottesmutter Maria
Predigt zum Neujahrstag 2025
Ich hoffe, dass das Christkind für alle, für Kleine wie für Große wieder „brav“ gewesen ist. Ich hoffe, dass wir durch Weihnachten alle wieder beschenkt worden sind. Die großen Geschenke des Lebens haben ja oft ziemlich wenig mit jenen Geschenken zu tun, die unter dem Christbaum liegen oder die wir im Lauf der Zeit so erhalten. Die großen Geschenke des Lebens sind meist anderer Art, sie sind oft immateriell, sie sind geistiger und geistlicher Art. Dr. Heinz Nußbaumer war 20 Jahre lang Herausgeber der wohl wichtigsten Wochenzeitung in Österreich. Vor Jahren hat er in der Weihnachtsnummer der FURCHE auf „vier Geschenke“ aus der Welt der Athos-Mönche hingewiesen. Ich möchte mich heute diesem Wunsch von Dr. Heinz Nußbaumer anschließen:
1. Wunsch: Das Geschenk der Stille und des Schweigens!
Jede und jeder von uns weiß, wie sehr wir uns danach sehnen. Und wir wissen aber genauso, wie gerne wir davor flüchten – oft aus Zeitnot, noch öfter aus Angst vor zu viel Nähe und Intimität mit uns selbst. Der Philosoph Blaise Pascal hat schon vor langer Zeit darauf hingewiesen, dass wohl alles Übel dieser Welt damit anfängt, dass der Menschen es nicht mehr aushält mit sich selbst und allein in einem Zimmer zu sein. Wenn in der monastischen Tradition von der „Liebe zur Zelle“ die Rede ist, dann ist damit angedeutet, dass die Stille und das Schweigen ihren Ort und ihre Zeit haben. Auch die Athos-Mönche sind überzeugt, dass nur in solchen Zeit- und Ruhe-Oasen noch Raum ist für das Warten, für Entschleunigung und Tiefe. Wir haben bei unserer dritten Rorate genau darüber nachgedacht – über die Notwendigkeit von Stille und heiligem Schweigen auch bei unseren Gottesdiensten.
2. Wunsch: Das Geschenk des „leichten Gepäcks“!
Was schleppen wir nicht alles an „Lebenserhaltungssystemen“ mit uns herum. Und wie leicht ist doch das Gepäck der Mönche!
Ein Kartäusermönch wurde einmal von einem durchreisenden Gast ganz erstaunt, fast konsterniert darauf angesprochen, wie spartanisch doch seine Zelle sei. Der Mönch hat den Gast gefragt, wo er denn seine Möbel habe und die anderen ach so wichtigen Utensilien. Der Gast hielt dem entgegen: „Ja, ich bin doch nur auf Durchreise hier!“ Kurzer Kommentar des Kartäusermönches: „Sehen Sie, auch wir Mönche sind nur auf Durchreise hier!“ – Das Geschenk des leichten Gepäcks.
Ein Athos-Mönch hat das Dr. Nußbaumer gegenüber einmal so ausgedrückt: „Vergiss nicht, je mehr du hast, desto mehr hat es dich!“ Das Geschenk des leichten Gepäcks: Vergiss nicht, je mehr du hast, desto mehr hat es dich. Auch das haben wir im Advent bei einer der Roraten thematisiert – ein Luxus-Problem des Westens, das Problem der „Zuvielisation“. Wir müssen aktiv entgegensteuern. Wir sollten so etwas wie Schutzwälle errichten gegen eine aggressiv und von vielen Seiten uns bedrängende Maßlosigkeit. Es geht um das rechte Maß in oft maßlosen Zeiten. Manchen wird da so wie mir Gilbert Keith Chesterton in den Sinn kommen - mit seinem Sager über die Engel: Frage an Chesterton: „Warum können Engel fliegen?“ Antwort von Chesterton: „Weil sie sich leicht nehmen!“ 2. Wunsch – das Geschenk des leichten Gepäcks.
3. Wunsch: Das Geschenk der Demut!
Demut wirkt verstaubt. Das Wort ist belastet und riecht ziemlich stark nach Unterwürfigkeit. Demut meint aber die gesunde Hinterfragung des „Ich, Ich, und immer nur Ich!“
Wissen wir eigentlich noch, wie viel im Leben Geschenk ist, reines Glück oder pure Gnade? Wissen wir eigentlich noch, wie wenig oft auf uns, auf unsere Leistung zurück zu führen ist? Weihnachten ist ein besonderes Fest der Demut, eine besondere Schule der Demut – alles an Weihnachten atmet diesen Mut des Dienens: der Stall, die Krippe, das Kind in Windeln gewickelt, das Niederfallen der Hirten auf die Knie, die Anbetung durch die Sterndeuter aus dem Osten, unsere Verneigung oder unsere Kniebeuge beim Glaubensbekenntnis… Dr. Nußbaumers dritter Weihnachtswunsch im Sinn der Mönche vom Athos: Demut!
4. Wunsch: Das Geschenk der Dankbarkeit!
Letztlich ist es allein die Dankbarkeit, die uns nachhaltig glücklich und zufrieden macht. Dankbarkeit und die Fähigkeit zu staunen sind erlernbar, immer wieder erlernbar – ganz egal in welchem Alter wir uns befinden. Das Geschenk der Dankbarkeit ist für mich die Nagelprobe für die Katholizität unseres christlichen Glaubens. Wenn etwas zusammen gehört und zusammen passt, dann katholisch sein und dankbar sein. In der Mitte unserer katholischen Frömmigkeit steht nun einmal die Eucharistie, die Dankbarkeit, die große Feier der Danksagung. Bischof Johann Weber hat es gerne und oft gesagt: Ein katholischer Christ – das ist ein dankbarer Mensch. Wenn wir alle Geschenke und Schätze der Welt hätten, hätten aber keine Dankbarkeit - es würde uns alles keine Freude machen, es würde keinen Sinn stiften und keine Zufriedenheit. Ein kurzes Gebet von Phil Bosmans ist mir dazu ein wichtiger Impuls: „Guter Gott! Alles hast du mir gegeben. Gib mir nur noch eines - ein dankbares Herz!“ Die Dankbarkeit – ein viertes Geschenk aus der Spiritualität der Athos-Mönche und unserer ureigenen katholischen Tradition…
Vier Geschenke also zum Start in das neue und heilige Jahr 2025: Dankbarkeit, Demut, leichtes Gepäck und Stille. Vier Geschenke geistig-geistlicher Art. Vier Geschenke, die wir uns selber gegeben können und die nur wir uns selber geben können! Amen.
Pfarrer Edi Muhrer