3. Sonntag iJK - 26.01.2025 - Bibelsonntag
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Predigt am 3. Sonntag im Jahreskreis C 2025-01-26 - Bibelsonntag 2025/
Seit 5 Jahren ist der heutige Sonntag der sog. „Bibel-Sonntag“. Es war das der ausdrückliche Wunsch von P. Franziskus. Wir haben am heutigen Bibelsonntag ganz besondere „Perlen“ der Heiligen Schrift präsentiert bekommen, echte „Schätze“ der Bibel und der kirchlichen Tradition. In der Predigt möchte ich auf alle drei biblischen Texte eingehen:
- Zur ersten Lesung aus dem Buch Nehemia:
Was war das doch für eine Freude in Israel – als endlich wieder der Gottesdienst möglich war! Als es endlich wieder möglich war nach der Zerstörung Jerusalems und dem Babylonischen Exil sich zu versammeln, den hl. Sabbat zu feiern, von einem erhöhten Platz aus die Tora aus der Schriftrolle vorzutragen, in kleinen Abschnitten und mit Erklärungen dazu… Wie sich das Gottesvolk darüber freut und laut „Amen. Amen!“ ruft. Wie es sich dankbar verbeugt vor dem „Wort des lebendigen Gottes“, ja wie es sich regelrecht auf den Boden niederwirft aus Ehrfurcht der Tora gegenüber… Wie Esra und Nehemia quasi ein Verbot aussprechen, heute traurig zu sein oder sich Sorgen zu machen: „Denn die Freude am Herrn ist eure Stärke!“ Und sie vergessen bei aller Freude die nicht, die zurzeit keinen Grund zur Freude haben, keinen Grund zu feiern. Die Freude soll Kreise ziehen: „Schickt auch denen etwas, die selbst nichts haben; denn heute ist ein heiliger Tag zur Ehre unseres Herrn!“ Der Gottesdienst und der Dienst am Nächsten gehören ganz einfach zusammen – Gottesliebe und Nächstenliebe dürfen nie getrennt werden. Ja, das gilt auch für uns heute: Die Freude an Gott, ist unsere Kraft! Sie gibt uns Kraft Gutes zu tun und zu teilen. Auch die Freude am Wort Gottes gibt viel Kraft. Nicht zufällig ist der Schluss-Satz der ersten Lesung von vielen Priestern als Primiz-Spruch ausgewählt worden: Die Freude an Gott ist unsere Kraft. Halleluja!
- Zur zweiten Lesung aus dem 12. Kapitel des ersten Korintherbriefs:
Was für ein starkes und stimmiges Bild, das der Apostel Paulus da für die Kirche gewählt hat: der eine Leib und die vielen Glieder - der einzelne und die Gemeinschaft, das Ich und das Wir! Jede und jeder sind in der Kirche wichtig - und erst recht alle zusammen: Wir sind nicht nur „eins in Christus“, wir sind „einer in Christus“ wie Paulus sagt. Die vielen Gaben und Begabungen, die wir alle haben – was für ein Schatz, was für ein Geschenk für die Kirche. Kein Wunder, das gerade diese Bibelstelle vom einen Leib und den vielen Gliedern auch außerhalb der Kirche gerne aufgegriffen wird – von Führungskräften, Vereinen und Organisationen, die um beides wissen: wie wichtig jede und jeder Einzelne ist, wie wichtig aber erst recht das Miteinander und Füreinander ist. Es braucht jedes einzelne Ich, genauso wie das größere Wir der Gemeinschaft braucht: Der eine Christus und die vielen Christen, der eine Leib und die vielen Glieder – ein Bild-Wort des Völkerapostels Paulus, ein starkes und stimmiges Bild damals schon und genauso heute noch: Die Kirche ist ein Leib mit vielen Gliedern. Sie ist Christi Leib mit vielen Gaben und Carismen.
- Zum Evangelium, dem Auftritt Jesu in seiner Heimat – in der Synagoge von Nazareth:
Da haben wir es wieder – dieses kleine, aber so wichtige Wort in der Bibel: Heute! In der ersten Lesung ist es uns bereits zweimal begegnet: „Heute ist ein heiliger Tag zu Ehren des Herrn… denn heute ist ein heiliger Tag zur Ehre des Herrn.“ Jetzt schon wieder und bereits zum dritten Mal: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“
Das Heute ist heilig. Das Hier und Jetzt ist wichtig. Es ist der Kairos. So ist es beim Auftritt Jesu beim Sabbat-Gottesdienst in Nazareth gewesen – so ist es hier und jetzt, so ist es immer wieder. Kein Wunder, dass die Mystiker so oft und so gerne ein „Loblied auf das Heute“ angestimmt haben. Kein Wunder, dass sie Gott den Evergreen des Lebens nennen, das immergrüne Nun. Gott ist Gott. Er ist der, der einfach da ist, gegenwärtig ist. Gott ist JHWH: Er ist der Ich-bin-da – gestern, heute, morgen und in Ewigkeit. Einmal mehr darf ich stellvertretend für alle Mystiker:innen an Terese von Lisieux erinnern, an ihre Hymne auf das Heute, an ihr Loblied auf das Hier und Jetzt – ein echter Klassiker der christlichen Spiritualität, der in die Aussage mündet: „Du weißt, mein Gott, um dich zu lieben, habe ich nur das HEUTE!“ Da braucht es keine Nostalgie, die das Gestern verklärt. Da braucht es kein utopisches Morgen, das ich mir erträume. Entscheidend ist das Heute. In der Kirche sprechen wir seit Jahrhunderten vom sog. „Sakrament des gegenwärtigen Augenblicks“. Unsere Diözese hat das auch in ihrem Zukunftsbild festgehalten – und zwar gleich im Titel und damit von Anfang an: Gott kommt uns im HEUTE entgegen! In den letzten zwei Tagen bin ich bei der ersten Diözesankonferenz unter Bischof Wilhelm in Seggauberg dabei gewesen. Bis zur nächsten Versammlung Anfang April wird in 8 Gruppen weitergearbeitet und nachgedacht. In meiner Gruppe lautet die Überschrift: Wir gehen im Sinn des Evangeliums vom Leben der Menschen aus – von dem also, was den Menschen bei uns heute wichtig und heilig ist. Wir nehmen ihr Leben, ihr Denken und ihre Fragen ernst. Ja, wir vertrauen darauf, dass Gott tatsächlich in jedem Menschen gegenwärtig ist. ER ist es – in dir, in mir, in uns allen! Gott sei Dank! Amen.
Pfarrer Edi Muhrer